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Die Justiz und die deutschen Söldner

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Die Justiz und die deutschen Söldner

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Video der spanischen Polizei: Fundstücke bei Ukraine-Rückkehrern

Die Sonne war noch nicht aufgegangen über der spanischen Hauptstadt, da rückte die Polizei an. Sie stürmte am 27. Februar drei Wohnungen in Madrid und weitere im nordspanischen Asturien. Acht Männer wurden im Zuge der “Operation Donka” festgenommen. Sie sind Mitglieder linksradikaler Gruppierungen und sollen wochenlang in der Ost-Ukraine auf Seiten der pro-russischen Separatisten gekämpft haben.

“Dies ist die erste Polizei-Operation in Europa gegen die Aktivitäten von ausländischen Kämpfern im Ukraine-Konflikt”, teilte das spanische Innenministerium nach den Festnahmen mit. Die mutmaßlichen Söldner hätten durch ihre “Teilnahme an einem bewaffneten Konflikt gegen die Neutralität verstoßen”. Außerdem wird ihnen “Mord, Waffen- und Sprengstoffbesitz” vorgeworfen. Bei der Durchsuchung der Wohnungen waren Gewehre, Pistolen, Zielfernrohre, Helme, Uniformen und andere Ausrüstungsgegenstände beschlagnahmt worden.

Seit Ausbruch des Konflikts in der Ostukraine gibt es immer wieder Meldungen über Freiwillige aus Europa, Nord -und Südamerika, die sich den Kampfverbänden der selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk angeschlossen haben. Sogar von “internationalen Brigaden” in der Donbass-Region ist die Rede. Darunter befinden sich zahlreiche Exil-Russen als auch Linksextremisten und Anti-Faschisten.

Auch Deutsche kämpfen längst in der Ostukraine, wie unsere Recherchen in der “Welt am Sonntag” belegen. Es handelt sich dabei mehrheitlich um Einwanderer aus Russland oder den ehemaligen GUS-Staaten. Mindestens einer von ihnen ist bereits auf Seiten der pro-russischen Milizen getötet worden.

Im Gegensatz zu den Dschihadisten, die sich in Syrien und dem Irak etwa der Terrorgruppe “Islamischer Staat” (IS) anschließen, haben die pro-russischen Söldner hierzulande bislang kaum juristische Konsequenzen zu fürchten. Ihr Kampfeinsatz in der Ostukraine gilt nicht als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, da die Separatisten-Gruppen nicht als solche eingestuft sind.

Dabei kann der Dienst in der Armee eines anderen Staates laut deutscher Gesetzgebung durchaus zum Verlust der Staatsbürgerschaft führen. Allerdings gelten die pro-russischen Milizen in der Ukraine nicht als Militär eines Staates. Und selbst wenn dies der Fall wäre, müssten immer noch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, bis ein deutscher Söldner ausgebürgert werden kann.

Nach § 28 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) verliert ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit nämlich nur dann, wenn er freiwillig, ohne die Zustimmung des Verteidigungsministeriums in die Streitkräfte oder vergleichbare bewaffnete Verbände eines ausländischen Staates eintritt, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt.

Das bedeutet: Ein Söldner kann nur dann ausgebürgert werden, wenn er auch eine zweite Staatsangehörigkeit besitzt. Und nur dann, wenn er genau für diesen Staat auch in den Krieg zieht.

Ist dies der Fall, wird der Verlust der Staatsbürgerschaft gemäß § 33 StAG im Register der Entscheidungen in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten (EStA) eingetragen.

Das Bundesministerium des Innern teilte uns auf Nachfrage mit, dass aktuell 27 Personen in diesem Register vermerkt sind, die aufgrund des Söldnertums in einer fremden Armee ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben. “Dabei stammt nur ein Fall aus der Zeit vor der Errichtung des Registers im Jahr 2007″, so eine Sprecherin des Ministeriums.

Grundsätzlich dürfen sich zahlreichen Armeen anschließen, ohne juristische Folgen befürchten zu müssen. Im Juni 2011 erließ das Bundesministerium der Verteidigung eine Allgemeinverordnung, die den Dienst in fremden Armeen regelt. Wer die Staatsbürgerschaft eines anderen EU- oder NATO-Mitgliedsstaates besitzt, darf offiziel dem dortigen Militär beitreten.

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Unabhängig vom Entzug der Staatsbürgerschaft besteht jedoch die Möglichkeit, gegen die Ukraine-Söldnern strafrechtlich zu ermitteln – wie nun in Spanien geschehen. Dort wird den Rückkehrern die Beteiligung an Kriegseinsätzen, der Waffen- und Sprengstoffbesitz und Mord vorgeworfen.

Die Verdächtigen befinden sich nach Zahlung einer Kaution wieder auf freiem Fuß. Die Ermittlungen aber dauern an. Und die spanischen Behörden kündigten weitere Maßnahmen gegen heimgekehrte Kämpfer an.

In Deutschland sollen nun zumindest die Sicherheitsbehörden die Freiwilligen ins Visier nehmen, die sich den pro-russischen Milizen anschließen. Das forderte der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach (CDU) nach unserer Berichterstattung in der “Welt am Sonntag” und einer Ausschusssitzung in der vergangenen Woche.

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